So gelingt Ostern in Zeiten von Corona

In dieser Woche erwartet die Grazer ein Osterfest, wie es noch nie da gewesen ist. Während das Weihnachtsfest dafür in Verruf geraten ist, alle tief brütenden Familienstreite in den Vordergrund zu bringen, so hört man vom Osterfest nichts dergleichen. Zum einen, weil man statt dunklem, schneefreiem Wetter den Frühling und begleitende Gefühle sprießen hat, zum anderen aber auch, weil man sich die Schmach des falsche-Geschenke-Kaufens sparen kann.

So kann man sich auch an diesem sonnigen Ostersonntag (21 Grad sind prognostiziert) ruhigen Gewissens zurücklehnen, wenn es darum geht, die Schwiegermutter, den Großonkel oder die einsame, unverheiratete Cousine des Vaters fünften Grades nicht zu besuchen. Im Gegenteil: Sie nicht zu besuchen heißt, sie zu lieben. Bundeskanzler Sebastian Kurz hat‘s gesagt. Und die verwirrende „Oster-Verordnung“ läuft ohnehin darauf hinaus, größere Menschenansammlungen (ab fünf Personen) zu untersagen. Unmut und schlechte Laune darf man voll in seinen vier Wänden auskosten – und zu jedermanns Erleichterung auf Corona schieben. Moment einmal: Was aber, wenn Ohnmacht, die Situation zu ändern, fehlender Stress, der Lust aufs Osterbrot-Backen und Eierfärben statt Stress davor weckt, fehlendes Genörgel der Schwiegermutter und fehlendes Gedränge in der Kirche das heurige Ostern zum entspanntesten, schönsten überhaupt macht?

Zeit für Ostern

Denken wir also diesen Gedanken zu Ende. Weil wir ohnehin zum Daheimbleiben verdonnert sind und unsere Kreativität mangels Ablenkung auf Hochtouren fährt, so kann man die verbleibende Zeit bis Ostern dazu nutzen, Deko selbst zu basteln, gleich mehrere Rezepte fürs Osterbrot auszuprobieren, Palmbuschen doch noch bei einer regionalen Gärtnerei zu bestellen, jedes Ei mit einer anderen Technik zu färben, den einen oder anderen edlen Tropfen einzukühlen, das Osterfleisch bei der Fleischerei vorab zu bestellen, Hausarbeit gemeinsam mit den anderen „Corona-Insassen“ begleitet von lauter Musik zu erledigen – kaum versieht man sich, hat man am Ostersonntag nichts mehr, worüber man streiten könnte. Im Gegenteil: Vor lauter Harmonie lässt man sich dazu verleiten, die Großtante oder die unverheiratete väterliche Cousine anzurufen und ungeheuchelte Anteilnahme zu zeigen.

Und für jene Familienmitglieder, die man tatsächlich vermissen sollte, gibt es die Videotelefonie. Ganz nebenbei eine gute Gelegenheit, sein Verhandlungsgeschick zu trainieren – denn Alter darf keine Ausrede sein! Und wer es nicht schaffen sollte, einem 85-jährigen Großelternteil das Hantieren mit einem Tablet, das lediglich ein Abheben auf einen Video-Anfruf erfordert, einzuimpfen, hat vom wahren Leben offensichtlich noch nicht gekostet – Corona helfe uns!

Tatsächlich werden manche österlichen Bedürfnisse heuer zu kurz kommen: So wäre es doch schön gewesen, am Palmsonntag gemeinsam mit der Familie die Kirche aufzusuchen, den Korb zur Fleischweihe zu bringen, den Weihrauch einzuatmen und die vielen Kerzen feierlich flackern zu sehen. Nicht umsonst gibt es den Spruch „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“. Und dieser „Aufschub“ wird im kommenden Jahr, wenn die soziale Distanz hoffentlich zu einer sozialen Nähe übergegangen ist und wir uns angesichts der Herausforderungen heute ungeahnter Folgen der Pandemie des Wesentlichen besinnen, für ein wiederum gesegnetes Osterfest sorgen.

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